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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 20/2011

Neu­er Steu­er­prüf-Fra­ge­bo­gen – ACHTUNG: Behör­den wol­len wie­der mal zu viel wis­sen + Wich­ti­ges Urteil: Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen auf Web­sites – run­ter vom Ser­ver + Frist bei Kün­di­gung eines Gewinn­ab­füh­rungs­ver­tra­ges + Fal­sche E‑Mails vom Finanz­amt + Heim­li­che Video-Auf­nah­men brin­gen nichts + BISS 

The­men heu­te: Neu­er Steu­er­prüf-Fra­ge­bo­gen – ACHTUNG: Behör­den wol­len wie­der mal zu viel wis­sen + Wich­ti­ges Urteil: Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen auf Web­sites – run­ter vom Ser­ver  + Frist bei Kün­di­gung eines Gewinn­ab­füh­rungs­ver­tra­ges + Fal­sche E‑Mails vom Finanz­amt + Heim­li­che Video-Auf­nah­men brin­gen nichts + BISS

20. KW 2011
Frei­tag, 20.5.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

zur­zeit ver­schi­cken die Steu­er­prüf-Behör­den ver­schie­de­ner Bun­des­län­der vor der eigent­li­chen Betriebs­prü­fung aus­führ­li­che Fra­ge­bö­gen an die betrof­fe­nen Unter­neh­men.  Z. B. wer­den in Nord­rhein-West­fa­len Fri­sör­be­trie­be aus­führ­lich nach betriebs­wirt­schaft­li­chen Sach­ver­hal­ten  befragt – etwa zur Kun­den­struk­tur, zur Durch­schnitts-Haar­län­ge ihrer Kun­den, zu den ver­wen­de­ten Hilfs­stof­fen usw. Vor­sicht: Die­se Pra­xis ist höchst unum­strit­ten und es steht zu befürch­ten, dass das erst der Anfang einer flä­chen­de­cken­den, sys­te­ma­ti­schen und vom Gesetz­ge­ber bis­her jeden­falls nicht vor­ge­se­he­nen Steu­er-Vor­prü­fung ist.

Unstrit­tig ist, dass Sie die Fra­gen, die bei der Beur­tei­lung von steu­er­lich rele­van­ten Sach­ver­hal­ten Auf­schluss geben, beant­wor­ten müs­sen. Das sind z. B. Fra­gen zu Umsät­zen, zu Prei­sen, Preis­nach­läs­sen (Abo-Prei­se, Preis-Aktio­nen usw.). Strit­tig ist aber, ob Sie Fra­gen, die dar­über hin­aus­ge­hen, beant­wor­ten müs­sen. Dazu gehö­ren u. E. die oben bei­spiel­haft auf­ge­zähl­ten Fra­gen über Kun­den und Kun­den­wün­sche. Die Fra­gen erwe­cken den Ein­druck, dass die Beant­wor­tung mehr zur Unklar­heit als zu Klä­rung von steu­er­li­chen Sach­ver­hal­ten beiträgt.

Die Crux dar­an: Unter­neh­men, die sol­che Daten gar nicht erhe­ben und ledig­lich „nach Ver­mu­tung“ beant­wor­ten, lau­fen Gefahr, dass die­se fal­schen Anga­ben zur Grund­la­ge der Ver­pro­bung gemacht wer­den – also in eine Steu­er­schät­zung ein­flie­ßen. Man schlägt Sie qua­si mit Ihren eige­nen Argu­men­ten. In die­ses offe­ne Mes­ser soll­ten Sie nicht laufen.

Für die Pra­xis: Wie detail­liert ein sol­cher Fra­ge­bo­gen aus­sieht, kön­nen Sie auf den Web-Sei­ten des Deut­schen Steu­er­be­ra­ter­ver­ban­des am Bei­spiel des Fri­sör-Fra­ge­bo­gens sehen > https://www.dstv.de/interessenvertretung/steuern/steuern-aktuell/tb-54–11-frageboegen-betriebspruefung. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die­se Pra­xis auch auf ande­re Bran­chen aus­ge­dehnt wird. Emp­feh­lung: Da im Grund­satz eine Mit­wir­kungs­pflicht des Steu­er­pflich­ti­gen bei der Betriebs­prü­fung besteht, soll­ten Sie den Fra­ge­bo­gen auf kei­nen Fall unbe­ant­wor­tet lie­gen las­sen. Aber: Gehen Sie die Fra­gen mit Ihrem Steu­er­be­ra­ter durch und beant­wor­ten Sie nur die Fra­gen, die Sie augrund Ihrer Auf­zeich­nun­gen sicher beant­wor­ten kön­nen. Ande­re Fra­gen beant­wor­ten Sie mit: „hier­zu lie­gen kei­ne (detail­lier­ten) Auf­zeich­nun­gen vor“.

Wichtiges neues Urteil: Urheberrechtsverletzungen im Internet 

Klei­ne­re und mit­tel­gro­ße Unter­neh­men, deren Inter­net-Auf­tritt nicht von einer erfah­re­nen Agen­tur umge­setzt wur­de, müs­sen ihren Web-Auf­tritt nach einem jetzt bekannt gewor­de­nen Urteil des Amts­ge­richts Mün­chen erneut über­prü­fen (Urteil vom 31.3.2010, 161 C 15642/09). Ging es in der ers­ten Kla­ge­wel­le um Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen im Inter­net dar­um, sol­che Ver­stö­ße ein­fach abzu­mah­nen bzw. mit einer Unter­las­sungs­er­klä­rung auch noch eine zusätz­li­che Geld­for­de­rung durch­zu­set­zen, dro­hen ab sofort grö­ße­re Geschütze.

Nach dem oben genann­ten Urteil ist der Urhe­ber­rechts­ver­let­zer – also das Unter­neh­men – ver­pflich­tet, abge­mahn­te Inter­net-Sei­ten voll­stän­dig vom Ser­ver zu ent­fer­nen. Kon­kret: Kann eine sol­che Sei­te nach der Abmah­nung und der anschlie­ßen­den Her­aus­nah­me aus dem offi­zi­el­len Web-Auf­tritt immer noch über eine Such­ma­schi­ne gefun­den und ange­steu­ert wer­den, kann eine erneu­te Abmahn­ge­bühr ver­hängt wer­den. Die darf sogar noch teu­rer aus­fal­len als die aus dem ers­ten Abmahnverfahren.

Der Fall: Ein Unter­neh­men hat­te auf sei­nen Web-Sei­ten bei der Anfaht­s­be­schrei­bung einen Kar­ten­aus­schnitt  ver­wen­det, ohne dafür Lizenz­ge­büh­ren zu zah­len. Nach einer ers­ten Abmah­nung nahm der Betrei­ber die Sei­ten zwar vom Netz, nicht aber vom Ser­ver. Damit war ein wei­te­rer Zugriff mög­lich. Der Kar­ten­be­trei­ber durf­te – so das Gericht – wegen Lizenz­ver­let­zun­gen erneut Lizenz- und Anwalts­ge­büh­ren in Höhe von rund 1.500 € durch­set­zen. Ach­tung: Das gilt auch z. B. für die uner­laub­te Ver­wen­dung von Bil­dern und Tex­ten – also immer dann, wenn frem­de Urher­ber­rech­te unzu­läs­si­ger-wei­se genutzt wer­den. Wird ledig­lich „ver­linkt“, tre­ten kei­ne Pro­ble­me auf.

Für die Pra­xis: Wei­sen Sie Ihre IT-Lei­tung an, „kri­ti­sche“ oder bereits abge­mahn­te Web-Sei­ten nicht nur aus den akti­ven Web-Sei­ten her­aus­zu­neh­men, son­dern sie voll­stän­dig vom Ser­ve zu ent­fer­nen. Wenn für Sie eine Web-Agen­tur tätig ist, soll­ten Sie auf die­se Rechts­la­ge hin­wei­sen und die Agen­tur (pro­to­kol­liert) dazu anwei­sen, für die Ent­fer­nung sol­cher Sei­ten auf dem Ser­ver zu sor­gen. Ach­ten Sie auch dar­auf, dass sol­che Web-Sei­ten, die Sie in der Ver­gan­gen­heit bereits vor­sichts­hal­ber wegen even­tu­el­ler Urhe­ber­rechts-ver­let­zun­gen (z. B. mit frem­den Bil­dern) vom Netz genom­men wer­den, nach­träg­lich vom Ser­ver ent­fernt wer­den. Wenn Sie Ihre Web-Sei­ten auf even­tu­el­le Urhe­ber­rechts­ver­stö­ße über­prü­fen wol­len: Geben Sie z. B. in der Such­ma­schi­ne unter der Such-mas­ke „Bil­der“ die Inter­net-Adres­se Ihrer Fir­ma ein. Dann weden alle Bil­der, Logos und sons­tig ver­wen­de­ten Sym­bo­le und Zei­chen auf­ge­lis­tet, die auf Ihren Web-Sei­ten ver­wen­det sind.

Für die Kündigung des Gewinnabführungsvertrages müssen Fristen beachtet werden

Soll der Gewinn­ab­füh­rungs­ver­trag zwi­schen der Kon­zern-Ober­ge­sell­schaft und einer Kon­zern-Gesell­schaft aus wich­ti­gem Grund gekün­digt wer­den, dann muss das inner­halb einer ange­mes­se­nen Frist erfol­gen Wird z. B. erst 10 Mona­te nach Kennt­nis des Kün­di­gungs­grun­des gekün­digt, ist die Kün­di­gung unwirk­sam (OLG Mün­chen, Beschluss vom 21.3.2011, 31 Wx 80/10).

Für die Pra­xis: Für die außer­or­dent­li­che Kün­di­gung des Gewinn­ab­füh­rungs­ver­tra­ges sind die Vor­schrif­ten des § 314 Abs. 3. BGB bin­dend. Danach soll­te nach Kennt­nis des Kün­di­gungs­grun­des inner­halb einer Frist von 2 Wochen die außer­or­dent­li­che Kün­di­gung aus­ge­spro­chen wer­den – und zwar schrift­lich und unter Nen­nung des Kün­di­gungs­grun­des. Nur in begrün­de­ten Aus­nah­me­fäl­len ist eine län­ge­re Frist mög­lich, z. B. wenn auf­wen­di­ge Recher­chen not­wen­dig sind.

Falsche E‑Mails vom Finanzamt

Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um warnt vor betrü­ge­ri­schen E‑Mails, die unter dem Absen­der „Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Finan­zen – BMF“ ver­schickt wer­den. Unter dem Vor­wand einer ver­meint­li­chen Steu­er­rück­zah­lung wird dar­in zum Aus­fül­len eines For­mu­lars inkl. Kon­ten­da­ten aufgefordert.

Für die Pra­xis: Sol­che E‑Mails unbe­dingt sofort löschen bzw. eine ent­spre­chen­de Info an alle Mit­ar­bei­ter der GmbH her­aus­ge­ben. Befol­gen Sie nur schrift­li­che Anwei­sun­gen des FA.

Heimliche Video-Überwachung

Nur wenn Sie als Arbeit­ge­ber einen tat­säch­li­chen und begrün­de­ten Ver­dacht für eine kon­kre­te Straf­tat haben, dür­fen Sie einen Arbeit­neh­mer heim­lich per Video über­wa­chen. Ist das nicht der Fall, darf der Video-Beweis im gericht­li­chen Ver­fah­ren nicht ver­wer­tet wer­den (Arbeits­ge­richt Düs­sel­dorf, Urteil vom 3.5.2011, 11 Ca 7326/10 u. a.). 

Für die Pra­xis: Im Ver­fah­ren hat­te der Gast­stät­ten­be­sit­zer Ver­dacht, dass zwei Beschäf­tig­te den Aus­schank falsch abrech­nen. Dazu ließ er die bei­den per Video über­wa­chen. Eine Kün­di­gung war aber nicht mög­lich, da der Video­be­weis im Ver­fah­ren nicht zuge­las­sen wur­de. Der Ver­dacht für das Vor­lie­gen einer Straf­tat kann in einem ver­gleich­ba­ren Fall nur schwer erbracht wer­den (Zeu­gen, Mani­pu­la­tio­nen in den Abrech­nun­gen). Bes­ser ist es, die Video-Über­wa­chung nicht heim­lich, son­dern im Rah­men des Zuläs­si­gen (z. B. zur Kon­trol­le des Ein­gans­be­reichs) offi­zi­ell einzuführen.

BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Teilwertabschreibungen auf Darlehen an verbundene ausländische Unternehmen

 Mit Schrei­ben vom 29.3.2011 hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um neue Grund­sät­ze für Teil­wert­ab­schrei­bun­gen und ande­re Wert­min­de­run­gen auf Dar­le­hen an ver­bun­de­ne aus­län­di­sche Unter­neh­men bekannt gemacht. Wich­tig: Sol­che Ver­lus­te wer­den steu­er­lich nur noch berück­sich­tigt, wenn die Dar­le­hens­kon­di­tio­nen dem Dritt­ver­gleich stand­hal­ten – also ange­mes­se­ne Zin­sen, Lauf­zei­ten, Kün­di­gungs-moda­li­tä­ten und Sicher­hei­ten ver­ein­bart sind. Im Ein­zel­fall soll­te mit dem Steu­er­be­ra­ter geprüft wer­den, ob die Dar­le­hens­be­din­gun­gen den oben gefor­der­ten Kon­di­tio­nen stand hal­ten. Nur so ist gewähr­leitstet, dass eine grenz­über­schrei­ten­de steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung von Teil­wert­ab­schrei­bun­gen wei­ter­hin mög­lich bleibt (BMF-Schrei­ben vom 29.3.2011, IV B 5 – S 1341/09/10004).

Mit bes­ten Grüßen

Ihr Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur der Volkelt-Brief

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