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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 18/2012

Geschäfts­füh­rer Kom­pakt: Fol­gen des AGG-Urteils – bei einer Geschäfts­füh­rer Neu­ein­stel­lung müs­sen Sie auf­pas­sen + Ter­min­sa­che 31.5.2012: Mel­de­pflicht für Aus­lands­in­ves­ti­tio­nen + Finanz­amt muss Ver­trags­grund­la­gen kor­rekt prü­fen + Kün­di­gung wegen Stal­king geht auch ohne Abmah­nung + Ansparück­la­ge (Alt­fäl­le): Gibt es nur für Grün­der + Arbeit­ge­ber muss Ableh­nung eines Bewer­bers nur aus­nahms­wei­se begrün­den + Fir­men­wa­gen: Nur mit steu­er­wirk­sa­mer Nut­zungs­ver­ein­ba­rung + BISS .…

 

 

18. KW 2012, Frei­tag, 4.5.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

über die mög­li­chen Fol­gen des neu­en AGG-Urteils des BGH haben wir bereits berich­tet (z. B. der aus­führ­li­che Bei­trag auf unse­rer Home­pageBGH, Urteil vom 6.3.2012, II ZR 76/11). Fazit: Das AGG gilt auch für Geschäfts­füh­rer. Noch ste­hen die Fol­gen nur „auf dem Papier“. Aber die neue Rea­li­tät wird sehr schnell kom­men. Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass eine klei­ne Heer­schar fin­di­ger Juris­ten bereits in den Start­lö­chern steht, um die Rechts­la­ge für sich und ihre Man­dan­ten zu nut­zen.

Das wird ähn­li­che Aus­ma­ße anneh­men wie die vie­len Ver­fah­ren zur gericht­li­chen Durch­set­zung des AGG für ande­re Arbeit­neh­mer. Und das bedeu­tet im Klar­text: Gibt es auch nur den kleins­ten Anschein eines Ver­ge­hens gegen das AGG, wird für den Arbeit­ge­ber eine Ent­schä­di­gungs­zah­lung fäl­lig. Geht man davon aus, dass jähr­lich auch ca. 15.000 Geschäfts­füh­rer-Stel­len neu besetzt wer­den müs­sen, kann man sich bereits jetzt aus­ma­len, was das für Dimen­sio­nen anneh­men wird: Bereits das Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren kann auf „Kor­rekt­heit“ geprüft wer­den, die Stel­len­be­schrei­bung, das gesam­te Ein­stel­lungs­ver­fah­ren und die Ableh­nungs­grün­de („zu jung“, „kei­ne Frau“) kom­men auf den Prüfstand.

Für die Pra­xis: Spä­tes­tens wenn es in Ihrer GmbH einen Wech­sel an der Spit­ze gibt, wer­den Sie mit den Fol­gen die­ser neu­en Rechts­la­ge kon­fron­tiert. Behal­ten Sie das im Hin­ter­kopf, wenn es soweit ist. Soviel steht fest: Feh­ler wer­den teu­er – denn geht es erst ein­mal zum Gericht, geht es auch gleich um einen hohen Streit­wert. Sie soll­ten sich also bei einer Neu­ein­stel­lung pro­fes­sio­nell absi­chern. Etwa hier bei uns.

Terminsache 31.5.2012 – Meldepflicht für Auslandsinvestitionen

Unter­neh­men müs­sen eini­ge ihrer Aus­lands­in­ves­ti­tio­nen dem Finanz­amt mel­den und zwar die Inves­ti­tio­nen aus dem Jahr 2011 bis spä­tes­tens 31.5.2012. Die Mel­dung muss unauf­ge­for­dert 5 Mona­te (bis­her: 1 Monat) nach Ablauf des Kalen­der­jah­res der Inves­ti­ti­on beim Finanz­amt ein­ge­hen. Die Frist kann nicht ver­län­gert wer­den. Ver­sto­ßen Sie gegen die­se Vor­schrift, kann das Finanz­amt Buß­geld ver­hän­gen (§ 138 Abs. 2 AO).

Für die Pra­xis: Wenn Sie 2011 im Aus­land inves­tiert haben, soll­ten Sie zusam­men mit dem Steu­er­be­ra­ter prü­fen, ob Ihre GmbH bzw. Sie per­sön­lich mel­de­pflich­tig sind. Das betrifft: Die Grün­dung und den Erwerb von Betriebs­stät­ten im Aus­land, die Betei­li­gung an aus­län­di­schen Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten oder deren Auf­ga­be und Ände­rung, der Erwerb von Betei­li­gun­gen an einer aus­län­di­schen (beschränkt steu­er­pflich­ti­gen) Kör­per­schaft, Per­so­nen­ver­ei­ni­gung und Ver­mö­gens­mas­se bei unmit­tel­ba­rer Betei­li­gung von min­des­tens 10 % oder mit­tel­ba­rer Betei­li­gung von min­des­tens 25 % am Kapi­tal oder Ver­mö­gen oder wenn die Sum­me der Anschaf­fun­gen aller Betei­li­gun­gen mehr als 150.000 EUR beträgt.

Finanzamt darf bei Änderung der Vertragsgrundlagen nicht einfach eine verdeckte Gewinnausschüttung unterstellen

Laut Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) ist es unter­des­sen stän­di­ge recht­li­che Übung, dass bei einer Ände­rung der Ver­trags­grund­la­gen in der Bezie­hung zwi­schen den Gesell­schaf­tern und der GmbH nicht ein­fach eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung unter­stellt wer­den kann, wenn es dabei zu Abwei­chun­gen von der ursprüng­li­chen ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung kommt. Das gilt ins­be­son­de­re bei Ände­rung einer Rechts­ver­ord­nung, auf der die ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung beruht (BFH, Beschluss vom 25.1.2012, I B 17/11).

Für die Pra­xis: Im Urteils­fall ging es um eine Ener­gie­ver­sor­gungs-GmbH, die auf der Grund­la­ge einer Rechts­ver­ord­nung Leis­tun­gen (Strom, Netz, Stra­ßen­be­leuch­tung) an die Stadt erbrach­te und die­se auf der Grund­la­ge der dafür gel­ten­den Rechts­ver­ord­nung abrech­ne­te. In der Zwi­schen­zeit wur­den die Rechts­ver­ord­nung geän­dert und nach den höhe­ren Tari­fen abge­rech­net. Im Ver­trag zwi­schen der Stadt und dem Strom­ver­sor­ger wur­de aber nicht auf die neue Fas­sung der Rechts­ver­ord­nung ver­wie­sen. Dazu der BFH: Es ist für alle Par­tei­en – auch das FA – offen­sicht­lich, dass nach der neu­en Rechts­ver­ord­nung abge­rech­net wer­den muss – und für die höhe­ren Gebüh­ren kei­ne vGA ange­setzt wer­den kann.

Kündigung wegen Stalking geht auch ohne Abmahnung

Igno­riert ein Arbeit­nehmer hart­nä­ckig den Wunsch einer Mit­ar­bei­te­rin, außer­be­trieb­li­che Kon­tak­te zu unter­las­sen, liegt dar­in ein Stal­king-Ver­ge­hen, dass eine außer­or­dent­li­che Kün­di­gung recht­fer­tigt. Im schwe­ren Fall ist das nach neu­es­ter BAG-Recht­spre­chung sogar ohne vor­he­ri­ge Abmah­nung mög­lich (BAG, Urteil vom 19.4.2012, 2 AZR 258/11).

Für die Pra­xis: Für Sie als Arbeit­ge­ber ist im Stal­king-Fall Eile gebo­ten, wenn die gestalk­te Arbeit­neh­me­rin ansons­ten Scha­den nimmt oder von sich aus kün­digt. Dann müs­sen Sie schnell han­deln, also even­tu­ell auch ohne vor­he­ri­ge Abmah­nung. Mög­lich ist das z. B., wenn der stal­ken­de Arbeit­neh­mer bereits vor­her ande­re Arbeit­neh­me­rin­nen beläs­tigt hat und von Ihnen auf­ge­for­dert wur­de, dies zu unter­las­sen (Wie­der­ho­lungs­fall).

Ansparrücklage in der GmbH & Co. KG gibt es nur für tatsächliche Unternehmensgründer

Die Anspar­rück­la­ge für Unter­neh­mens­grün­der (§ 7 g Abs. 7 EStG alte Fas­sung) gibt es nur dann für eine GmbH & Co. KG, wenn sämt­li­che Kom­ple­men­tä­re der Gesell­schaft, die natür­li­che Per­so­nen sind, zugleich auch selbst Unter­neh­mens­grün­der sind. Ist eine der betei­lig­ten Per­so­nen kein Grün­der, ist das Finanz­amt bereits berech­tigt, die ein­ge­stell­te Rück­la­ge Gewinn erhö­hend auf­zu­lö­sen (BFH, Urteil vom 2.2.2012, IV R 17/09).

Für die Pra­xis: Statt der Anspar­rück­la­ge wird seit 2008 der Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag (§ 7g EStG) gewährt – damit ver­bun­den sind eini­ge ver­än­der­te Anspruchs­vor­aus­set­zun­gen. Gere­gelt wer­den danach ganz gene­rell die Vor­aus­set­zun­gen der Inves­ti­ti­ons­för­de­rung für klei­ne­re und mitt­le­re Unter­neh­men. Die neue Rechts­la­ge gilt ein­heit­lich für alle Unter­neh­mens­ab­schlüs­se seit dem Geschäfts­jahr 2007.

Arbeitgeber muss Ablehnung eines Bewerbers nur ausnahmsweise begründen

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof (EuGH) hält es grund­sätz­lich für zuläs­sig, wenn Sie als Arbeit­ge­ber dem Stel­len­be­wer­ber kei­ne (aus­führ­li­che) Begrün­dung für Ihre Ableh­nung geben. Nur im Aus­nah­me­fall kann der Bewer­ber ver­lan­gen, dass Sie eine Begrün­dung lie­fern (EuGH, Urteil vom 19.4.2012, C‑415/10).

Für die Pra­xis: Vor­sicht ist z. B. dann ange­bracht, wenn Sie eine Stel­le erneut aus­schrei­ben, weil sich bis­her noch kein geeig­ne­ter Kan­di­dat vor­ge­stellt hat. Das genau war der Fall über den das Arbeit­ge­richt Ham­burg in der Vor­in­stanz ent­schied. Eine abge­lehn­te Bewer­be­rin klag­te wegen Ver­stoß gegen das AGG, als sie die glei­che Anzei­ge erneut in der Zei­tung las. Fazit: Nur in sol­chen Fäl­len, soll­ten Sie eine Ableh­nung begrün­den („ent­spricht nicht den Qua­li­fi­ka­tio­nen des von uns aus­ge­schrie­be­nen Stel­len­pro­fils“). Ansons­ten soll­ten Sie bei der Ableh­nung von Bewer­bern kei­ne wei­te­ren Aus­füh­run­gen her­aus­ge­ben (vgl. dazu zuletzt Vol­kelt-Brief Nr. 16/2012, Sei­te 4)

Firmenwagen: Nur mit steuerwirksamer „Nutzungs­vereinbarung“

Fehlt eine kla­re Nut­zungs­ver­ein­ba­rung zur pri­va­ten Nut­zung des Fir­men­wa­gens durch den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers, kommt es in der Pra­xis immer wie­der zu Pro­ble­men mit dem Finanz­amt. In eini­gen Fäl­len haben die Finanz­be­hör­den sogar eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung unter­stellt und nach dem Gemei­nen Werts des über­las­se­nen Wirt­schafts­gu­tes zusätz­lich Kör­per­schaft und Gewer­be­steu­er veranlagt.

Mit Zustim­mung des BFH. Jetzt hat das BMF mit Ver­fü­gung vom 3.4.2012 (IV C 2 S 2742/08/10001) dazu Klar­text gespro­chen: Liegt eine übli­che Über­las­sungs­ver­ein­ba­rung (z. B. im Anstel­lungs­ver­trag) vor oder wird die Über­las­sung kor­rekt gebucht, müs­sen die Finanz­äm­ter die pri­va­te Über­las­sung nach de 1%-Methode oder nach Fahr­ten­buch ver­steu­ern. Nur im Aus­nah­me­fall – also wenn z. B. weder eine schrift­li­che Ver­ein­ba­rung vor­liegt noch die Pri­vat­nut­zung ver­bucht wird, darf das FA eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung unterstellen.

Für die Pra­xis: Am bes­ten ist eine schrift­li­che Ver­ein­ba­rung, z. B. im Anstel­lungs­ver­trag. Dort soll­ten Sie auch die steu­er­li­che Behand­lung regeln. In der Regel ist die 1%-Methode die güns­ti­ge­re Metho­de. Wer nur wenig pri­vat fährt (ca. < 5.000 Km pro Jahr) soll­te prü­fen, ob er mit Fahr­ten­buch güns­ti­ger liegt.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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